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Zweites Kapitel: Die Idee des Erkennens
Das Leben ist die unmittelbare Idee oder die Idee als ihr noch nicht an sich selbst realisierter Begriff. In ihrem Urteil ist sie das Erkennen überhaupt.
Der Begriff ist als Begriff für sich, insofern er frei als abstrakte Allgemeinheit oder als Gattung existiert. So ist er seine reine Identität mit sich, welche sich so in sich selbst unterscheidet, daß das Unterschiedene nicht eine Objektivität, sondern gleichfalls zur Subjektivität oder zur Form der einfachen Gleichheit mit sich befreit, hiermit der Gegenstand des Begriffes, der Begriff selbst ist. Seine Realität überhaupt ist die Form seines Daseins; auf Bestimmung dieser Form kommt es an; auf ihr beruht der Unterschied dessen, was der Begriff an sich oder als subjektiver ist, was er ist in die Objektivität versenkt, dann in der Idee des Lebens. In der letzteren ist er zwar von seiner äußerlichen Realität unterschieden und für sich gesetzt, doch dies sein Fürsichsein hat er nur als die Identität, welche eine Beziehung auf sich als versenkt in seine ihm unterworfene Objektivität oder auf sich als inwohnende, substantielle Form ist. Die Erhebung des Begriffs über das Leben ist, daß seine Realität die zur Allgemeinheit befreite Begriffsform ist. Durch dieses Urteil ist die Idee verdoppelt - in den subjektiven Begriff, dessen Realität er selbst, und in den objektiven, der als Leben ist. - Denken, Geist, Selbstbewußtsein sind Bestimmungen der Idee, insofern sie sich selbst zum Gegenstand hat und ihr Dasein, d. i. die Bestimmtheit ihres Seins ihr eigener Unterschied von sich selbst ist.
Die Metaphysik des Geistes oder, wie man sonst mehr gesprochen hat, der Seele drehte sich um die Bestimmungen von Substanz, Einfachheit, Immaterialität - Bestimmungen, bei welchen die Vorstellung des Geistes aus dem empirischen Bewußtsein als Subjekt zugrunde gelegt und nun gefragt wurde, was für Prädikate mit den Wahrnehmungen übereinstimmen, - ein Verfahren, das nicht weiter gehen konnte als das Verfahren der Physik, die Welt der Erscheinung auf allgemeine Gesetze und Reflexionsbestimmungen zu bringen, da der Geist auch nur in seiner Erscheinung zugrunde lag; ja, es mußte noch hinter der physikalischen Wissenschaftlichkeit zurückbleiben, da der Geist nicht nur unendlich reicher als die Natur ist, sondern da auch die absolute Einheit des Entgegengesetzten im Begriffe sein Wesen ausmacht; so zeigt er in seiner Erscheinung und Beziehung auf die Äußerlichkeit den Widerspruch in seiner höchsten Bestimmtheit auf, daher für jede der entgegengesetzten Reflexionsbestimmungen eine Erfahrung angeführt oder aus den Erfahrungen auf die entgegengesetzten Bestimmungen nach der Weise des formalen Schließens muß gekommen werden können. Weil die an der Erscheinung unmittelbar sich ergebenden Prädikate zunächst noch der empirischen Psychologie angehören, so bleiben eigentlich nur ganz dürftige Reflexionsbestimmungen für die metaphysische Betrachtung übrig. - Kant in seiner Kritik der rationalen Seelenlehre59) hält diese Metaphysik daran fest, daß, insofern sie eine rationale Wissenschaft sein soll, durch das Mindeste, was man von der Wahrnehmung zu der allgemeinen Vorstellung des Selbstbewußtseins hinzunähme, sich jene Wissenschaft in eine empirische verwandelte und ihre rationale Reinigkeit und Unabhängigkeit von aller Erfahrung verderbt würde. - Es bleibe somit nichts als die einfache, für sich an Inhalt ganz leere Vorstellung: Ich, von der man nicht einmal sagen kann, daß sie ein Begriff sei, sondern ein bloßes Bewußtsein, das alle Begriffe begleitet. Durch dieses Ich oder auch Es (das Ding), welches denkt, wird nun nach den weiteren Kantischen Folgerungen nichts weiter als ein transzendentales Subjekt der Gedanken vorgestellt = x, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädikate sind, erkannt wird und wovon wir, abgesondert, niemals den mindesten Begriff haben können; dies Ich hat dabei, nach Kants eigenem Ausdruck, die Unbequemlichkeit, daß wir uns jederzeit seiner schon bedienen müssen, um irgend etwas von ihm zu urteilen; denn es ist nicht sowohl eine Vorstellung, wodurch ein besonderes Objekt unterschieden wird, sondern eine Form derselben überhaupt, insofern sie Erkenntnis genannt werden soll. - Der Paralogismus, den die rationale Seelenlehre begehe, bestehe nun darin, daß Modi des Selbstbewußtseins im Denken zu Verstandesbegriffen als von einem Objekte gemacht, daß jenes "Ich denke" als ein denkendes Wesen, ein Ding-an-sich genommen werde; auf welche Weise daraus, daß Ich im Bewußtsein immer als Subjekt, und zwar als singuläres, bei aller Mannigfaltigkeit der Vorstellung identisches und von ihr als äußerlicher mich unterscheidendes vorkomme, unberechtigt abgeleitet wird, daß Ich eine Substanz, ferner ein qualitativ Einfaches und ein Eins und ein von den räumlichen und zeitlichen Dingen unabhängig Existierendes sei.
Ich habe diese Darstellung ausführlicher ausgezogen, weil sich sowohl die Natur der vormaligen Metaphysik über die Seele als besonders auch der Kritik, wodurch sie zugrunde gegangen ist, bestimmt daraus erkennen läßt. - Jene ging darauf, das abstrakte Wesen der Seele zu bestimmen; sie ging dabei von der Wahrnehmung ursprünglich aus und verwandelte deren empirische Allgemeinheit und die an der Einzelheit des Wirklichen überhaupt äußerliche Reflexionsbestimmung in die Form von den angeführten Bestimmungen des Wesens. - Kant hat dabei überhaupt nur den Zustand der Metaphysik seiner Zeit vor sich, welche vornehmlich bei solchen abstrakten, einseitigen Bestimmungen ohne alle Dialektik stehenblieb; die wahrhaft spekulativen Ideen älterer Philosophen über den Begriff des Geistes beachtete und untersuchte er nicht. In seiner Kritik über jene Bestimmungen folgte er nun ganz einfach der Humeschen Manier des Skeptizismus, daß er nämlich das festhält, wie Ich im Selbstbewußtsein erscheint, wovon aber, da das Wesen desselben - das Ding-an-sich - erkannt werden solle, alles Empirische wegzulassen sei; nun bleibe nichts übrig als diese Erscheinung des "Ich denke", das alle Vorstellungen begleite, - wovon man nicht den geringsten Begriff habe. - Gewiß muß es zugegeben werden, daß man weder von Ich noch von irgend etwas, auch von dem Begriff selbst den mindesten Begriff hat, insofern man nicht begreift und nur bei der einfachen, fixen Vorstellung und dem Namen stehenbleibt. Sonderbar ist der Gedanke - wenn es anders ein Gedanke genannt werden kann -, daß Ich mich des Ich schon bedienen müsse, um von Ich zu urteilen; das Ich, das sich des Selbstbewußtseins als eines Mittels bedient, um zu urteilen, dies ist wohl ein x, von dem man, so wie vom Verhältnis solchen Bedienens, nicht den geringsten Begriff haben kann. Aber lächerlich ist es wohl, diese Natur des Selbstbewußtseins - daß Ich sich selbst denkt, daß Ich nicht gedacht werden kann, ohne daß es Ich ist, welches denkt - eine Unbequemlichkeit und als etwas Fehlerhaftes einen Zirkel zu nennen, - ein Verhältnis, wodurch sich im unmittelbaren empirischen Selbstbewußtsein die absolute, ewige Natur desselben und des Begriffes offenbart, deswegen offenbart, weil das Selbstbewußtsein eben der daseiende, also empirisch wahrnehmbare, reine Begriff, die absolute Beziehung auf sich selbst ist, welche als trennendes Urteil sich zum Gegenstande macht und allein dies ist, sich dadurch zum Zirkel zu machen. - Ein Stein hat jene Unbequemlichkeit nicht; wenn er gedacht oder wenn über ihn geurteilt werden soll, so steht er sich selbst dabei nicht im Wege; er ist der Beschwerlichkeit, sich seiner selbst zu diesem Geschäfte zu bedienen, enthoben; es ist ein Anderes außer ihm, welches diese Mühe übernehmen muß.
Der Mangel, den diese barbarisch zu nennenden Vorstellungen darein setzen, daß bei dem Denken des Ich dasselbe als Subjekt nicht weggelassen werden könne, erscheint dann umgekehrt auch so, daß Ich nur als Subjekt des Bewußtseins vorkomme oder Ich mich nur als Subjekt eines Urteils brauchen könne und die Anschauung fehle, wodurch es als ein Objekt gegeben würde, daß aber der Begriff eines Dings, das nur als Subjekt existieren könne, noch gar keine objektive Realität bei sich führe. - Wenn zur Objektivität die äußerliche, in Zeit und Raum bestimmte Anschauung gefordert [wird] und sie es ist, welche vermißt wird, so sieht man wohl, daß unter Objektivität nur diejenige sinnliche Realität gemeint ist, über welche sich erhoben zu haben Bedingung des Denkens und der Wahrheit ist. Aber allerdings wenn Ich begrifflos als bloße einfache Vorstellung nach der Weise genommen wird, wie wir im alltäglichen Bewußtsein Ich aussprechen, so ist es die abstrakte Bestimmung, nicht die sich selbst zum Gegenstand habende Beziehung seiner selbst; - es ist so nur eins der Extreme, einseitiges Subjekt ohne seine Objektivität, oder es wäre auch nur Objekt ohne Subjektivität, wenn nämlich die berührte Unbequemlichkeit hierbei nicht wäre, daß sich von dem Ich als Objekt das denkende Subjekt nicht wegbringen läßt. Aber in der Tat findet dieselbe Unbequemlichkeit auch bei der ersteren Bestimmung, dem Ich als Subjekte, statt; das Ich denkt etwas, sich oder etwas anderes. Diese Untrennbarkeit der zwei Formen, in denen es sich selbst entgegensetzt, gehört zur eigensten Natur seines Begriffs und des Begriffs selbst; sie ist gerade das, was Kant abhalten will, um nur die sich in sich nicht unterscheidende und somit ja nur die begrifflose Vorstellung fest zu erhalten. Ein solches Begriffloses darf sich nun zwar wohl den abstrakten Reflexionsbestimmungen oder Kategorien der vorigen Metaphysik gegenüberstellen, - denn an Einseitigkeit steht es auf gleicher Linie mit ihnen, obwohl diese doch ein Höheres des Gedankens sind; dagegen erscheint es desto dürftiger und leerer gegen die tieferen Ideen älterer Philosophie vom Begriff der Seele oder des Denkens, z. B. die wahrhaft spekulativen Ideen des Aristoteles. Wenn die Kantische Philosophie jene Reflexionsbestimmungen untersuchte, so hätte sie noch mehr die festgehaltene Abstraktion des leeren Ich, die vermeinte Idee des Dings-an-sich untersuchen müssen, das sich eben um seiner Abstraktion willen vielmehr als ein ganz Unwahres zeigt; die Erfahrung der beklagten Unbequemlichkeit ist selbst das empirische Faktum, worin die Unwahrheit jener Abstraktion sich ausspricht.
Nur des Mendelssohnschen Beweises von der Beharrlichkeit der Seele erwähnt die Kantische Kritik der rationalen Psychologie60) , und ich führe ihre Widerlegung desselben noch um der Merkwürdigkeit desjenigen willen an, was ihm entgegengestellt wird. Jener Beweis gründet sich auf die Einfachheit der Seele, vermöge der sie der Veränderung, des Übergehens in ein Anderes in der Zeit nicht fähig sei. Die qualitative Einfachheit ist die oben betrachtete Form der Abstraktion überhaupt; als qualitative Bestimmtheit ist sie in der Sphäre des Seins untersucht und bewiesen worden, daß das Qualitative als solche sich abstrakt auf sich beziehende Bestimmtheit vielmehr eben darum dialektisch und nur das Übergehen in ein Anderes ist. Beim Begriffe aber wurde gezeigt, daß, wenn er in Beziehung auf Beharrlichkeit, Unzerstörbarkeit, Unvergänglichkeit betrachtet wird, er vielmehr darum das Anundfürsichseiende und Ewige ist, weil er nicht die abstrakte, sondern konkrete Einfachheit, nicht sich auf sich abstrakt beziehendes Bestimmtsein, sondern die Einheit seiner selbst und seines Anderen ist, in das er also nicht so übergehen kann, als ob er sich darin veränderte, eben darum, weil das Andere, das Bestimmtsein, er selbst ist und er in diesem Übergehen daher nur zu sich selbst kommt. - Die Kantische Kritik setzt nun jener qualitativen Bestimmung der Begriffseinheit die quantitative entgegen. Obgleich die Seele nicht ein mannigfaltiges Außereinander sei und keine extensive Größe enthalte, so habe das Bewußtsein doch einen Grad und die Seele wie jedes Existierende eine intensive Größe; dadurch sei aber die Möglichkeit des Übergehens in Nichts durch das allmähliche Verschwinden gesetzt. - Was ist nun diese Widerlegung anderes als die Anwendung einer Kategorie des Seins, der intensiven Größe, auf den Geist? - einer Bestimmung, die keine Wahrheit an sich hat und im Begriffe vielmehr aufgehoben ist.
Die Metaphysik, auch selbst die, welche sich auf fixe Verstandesbegriffe beschränkte und sich zum Spekulativen und zur Natur des Begriffes und der Idee nicht erhob, hatte zu ihrem Zwecke, die Wahrheit zu erkennen, und untersuchte ihre Gegenstände danach, ob sie ein Wahrhaftes seien oder nicht, Substanzen oder Phänomene. Der Sieg der Kantischen Kritik über dieselbe besteht aber vielmehr darin, die Untersuchung, welche das Wahre zum Zwecke hat, und diesen Zweck selbst zu beseitigen; sie macht die Frage, die allein Interesse hat, gar nicht, ob ein bestimmtes Subjekt, hier das abstrakte Ich der Vorstellung, an und für sich Wahrheit habe. Es heißt aber auf den Begriff und die Philosophie Verzicht leisten, wenn man bei der Erscheinung und bei demjenigen stehenbleibt, was sich im alltäglichen Bewußtsein für die bloße Vorstellung ergibt. Was darüber hinausgeht, heißt in der Kantischen Kritik etwas Überfliegendes, und zu dem die Vernunft keineswegs berechtigt sei. In der Tat überfliegt der Begriff das Begrifflose, und die nächste Berechtigung, darüber hinauszugehen, ist einesteils er selbst, andernteils nach der negativen Seite die Unwahrheit der Erscheinung und der Vorstellung sowie solcher Abstraktionen, wie die Dinge-an-sich und jenes Ich ist, das sich nicht Objekt sein soll.
In dem Zusammenhang dieser logischen Darstellung ist es die Idee des Lebens, aus der die Idee des Geistes hervorgegangen oder, was dasselbe ist, als deren Wahrheit sie sich erwiesen hat. Als dieses Resultat hat diese Idee an und für sich selbst ihre Wahrheit, mit der dann auch das Empirische oder die Erscheinung des Geistes verglichen werden mag, wie es damit übereinstimme; das Empirische kann jedoch selbst auch nur durch und aus der Idee gefaßt werden. Von dem Leben haben wir gesehen, daß es die Idee ist, aber es hat sich zugleich gezeigt, noch nicht die wahrhafte Darstellung oder Art und Weise ihres Daseins zu sein. Denn im Leben ist die Realität der Idee als Einzelheit; die Allgemeinheit oder die Gattung ist das Innere; die Wahrheit des Lebens als absolute negative Einheit ist daher, die abstrakte oder, was dasselbe ist, die unmittelbare Einzelheit aufzuheben und als Identisches mit sich identisch, als Gattung sich selbst gleich zu sein. Diese Idee ist nun der Geist. - Es kann aber hierüber noch bemerkt werden, daß er hier in derjenigen Form betrachtet wird, welche dieser Idee als logisch zukommt. Sie hat nämlich noch andere Gestalten, die hier beiläufig angeführt werden können, in welchen sie in den konkreten Wissenschaften des Geistes zu betrachten ist, nämlich als Seele, Bewußtsein und Geist als solcher.
Der Name Seele wurde sonst vom einzelnen endlichen Geiste überhaupt gebraucht, und die rationale oder empirische Seelenlehre sollte soviel bedeuten als Geisteslehre. Bei dem Ausdruck Seele schwebt die Vorstellung vor, daß sie ein Ding ist wie die anderen Dinge; man fragt nach ihrem Sitze, der räumlichen Bestimmung, von der aus ihre Kräfte wirken, noch mehr danach, wie dieses Ding unvergänglich sei, den Bedingungen der Zeitlichkeit unterworfen, der Veränderung darin aber entnommen sei. Das System der Monaden hebt die Materie zur Seelenhaftigkeit herauf; die Seele ist in dieser Vorstellung ein Atom wie die Atome der Materie überhaupt; das Atom, das als Dunst aus der Kaffeetasse aufsteige, sei durch glückliche Umstände fähig, sich zur Seele zu entwickeln, nur die größere Dunkelheit seines Vorstellens unterscheide es von einem solchen Dinge, das als Seele erscheint. - Der für sich selbst seiende Begriff ist notwendig auch in unmittelbarem Dasein; in dieser substantiellen Identität mit dem Leben, in seinem Versenktsein in seine Äußerlichkeit ist er in der Anthropologie zu betrachten. Aber auch ihr muß jene Metaphysik fremd bleiben, worin diese Form der Unmittelbarkeit zu einem Seelending, zu einem Atom, den Atomen der Materie gleich wird. - Der Anthropologie muß nur die dunkle Region überlassen werden, worin der Geist unter, wie man es sonst nannte, siderischen und terrestrischen Einflüssen steht, als ein Naturgeist in der Sympathie mit der Natur lebt und ihre Veränderungen in Träumen und Ahnungen gewahr wird, dem Gehirn, dem Herzen, den Ganglien, der Leber usw. inwohnt, welcher letzteren nach Platon der Gott, damit auch der unvernünftige Teil von seiner Güte bedacht und des Höheren teilhaftig sei, die Gabe des Weissagens gegeben habe, über welche der selbstbewußte Mensch erhoben sei. Zu dieser unvernünftigen Seite gehört ferner das Verhältnis des Vorstellens und der höheren geistigen Tätigkeit, insofern sie im einzelnen Subjekte dem Spiele ganz zufälliger körperlicher Beschaffenheit, äußerlicher Einflüsse und einzelner Umstände unterworfen ist.
Diese unterste der konkreten Gestalten, worin der Geist in die Materiatur versenkt ist, hat ihre unmittelbar höhere im Bewußtsein. In dieser Form ist der freie Begriff als fürsichseiendes Ich zurückgezogen aus der Objektivität, aber sich auf sie als sein Anderes, als gegenüberstehenden Gegenstand beziehend. Indem der Geist hier nicht mehr als Seele ist, sondern in der Gewißheit seiner selbst die Unmittelbarkeit des Seins vielmehr die Bedeutung eines Negativen für ihn hat, so ist die Identität, in der er im Gegenständlichen mit sich selbst ist, zugleich nur noch ein Scheinen, indem das Gegenständliche auch noch die Form eines Ansichseienden hat. Diese Stufe ist der Gegenstand der Phänomenologie des Geistes, - einer Wissenschaft, welche zwischen der Wissenschaft des Naturgeistes und des Geistes als solchen [mitten] innesteht und den für sich seienden Geist zugleich in seiner Beziehung auf sein Anderes, welches hierdurch sowohl, wie 6/495 erinnert, als an sich seiendes Objekt wie auch als negiertes bestimmt ist, - den Geist also als erscheinend, am Gegenteil seiner selbst sich darstellend betrachtet.
Die höhere Wahrheit dieser Form ist aber der Geist für sich, für welchen der dem Bewußtsein an sich seiende Gegenstand die Form seiner eigenen Bestimmung, der Vorstellung überhaupt hat; dieser Geist, der auf die Bestimmungen als auf seine eigenen, auf Gefühle, Vorstellungen und Gedanken, tätig ist, ist insofern in sich und in seiner Form unendlich. Die Betrachtung dieser Stufe gehört der eigentlichen Geisteslehre an, die dasjenige umfassen würde, was Gegenstand der gewöhnlich empirischen Psychologie ist, die aber, um die Wissenschaft des Geistes zu sein, nicht empirisch zu Werke gehen, sondern wissenschaftlich gefaßt werden muß. - Der Geist ist auf dieser Stufe endlicher Geist, insofern der Inhalt seiner Bestimmtheit ein unmittelbarer, gegebener ist; die Wissenschaft desselben hat den Gang darzustellen, worin er sich von dieser seiner Bestimmtheit befreit und zum Erfassen seiner Wahrheit, des unendlichen Geistes, fortgeht.
Die Idee des Geistes dagegen, welche logischer Gegenstand ist, steht schon innerhalb der reinen Wissenschaft; sie hat daher ihn nicht den Gang durchmachen zu sehen, wie er mit der Natur, der unmittelbaren Bestimmtheit und dem Stoffe oder der Vorstellung verwickelt ist, was in jenen drei Wissenschaften betrachtet wird; sie hat diesen Gang bereits hinter sich oder, was dasselbe ist, vielmehr vor sich, - jenes, insofern die Logik als die letzte Wissenschaft, dieses, insofern sie als die erste genommen wird, aus welcher die Idee erst in die Natur übergeht. In der logischen Idee des Geistes ist Ich daher sogleich, wie es aus dem Begriffe der Natur als deren Wahrheit sich gezeigt hat, der freie Begriff, der in seinem Urteile sich selbst der Gegenstand ist, der Begriff als seine Idee. Aber auch in dieser Gestalt ist die Idee noch nicht vollendet.
Indem sie der zwar freie, sich selbst zum Gegenstande habende Begriff ist, so ist sie unmittelbar, eben darum weil sie 6/496 unmittelbar ist, noch die Idee in ihrer Subjektivität und damit in ihrer Endlichkeit überhaupt. Sie ist der Zweck, der sich realisieren soll, oder es ist die absolute Idee selbst noch in ihrer Erscheinung. Was sie sucht, ist das Wahre, diese Identität des Begriffs selbst und der Realität, aber sie sucht es nur erst; denn sie ist hier, wie sie zuerst ist, noch ein Subjektives. Der Gegenstand, der für den Begriff ist, ist daher hier zwar auch ein gegebener, aber er tritt nicht als einwirkendes Objekt oder als Gegenstand, wie er als solcher für sich selbst beschaffen sei, oder als Vorstellung in das Subjekt ein, sondern dieses verwandelt ihn in eine Begriffsbestimmung; es ist der Begriff, der im Gegenstand sich betätigt, darin sich auf sich bezieht und dadurch, daß er sich an dem Objekte seine Realität gibt, Wahrheit findet.
Die Idee ist also zunächst das eine Extrem eines Schlusses als der Begriff, der als Zweck zunächst sich selbst zur subjektiven Realität hat; das andere Extrem ist die Schranke des Subjektiven, die objektive Welt. Die beiden Extreme sind darin identisch, daß sie die Idee sind; erstlich ist ihre Einheit die des Begriffs, welcher in dem einen nur für sich, in dem anderen nur an sich ist; zweitens ist die Realität in dem einen abstrakt, in dem anderen in ihrer konkreten Äußerlichkeit. - Diese Einheit wird nun durch das Erkennen gesetzt; sie ist, weil es die subjektive Idee ist, die als Zweck von sich ausgeht, zunächst nur als Mitte. - Das Erkennende bezieht sich durch die Bestimmtheit seines Begriffs, nämlich das abstrakte Fürsichsein, zwar auf eine Außenwelt, aber in der absoluten Gewißheit seiner selbst, um die Realität seiner an sich selbst, diese formelle Wahrheit, zur reellen Wahrheit zu erheben. Es hat an seinem Begriff die ganze Wesenheit der objektiven Welt; sein Prozeß ist, den konkreten Inhalt derselben für sich als identisch mit dem Begriffe und umgekehrt diesen als identisch mit der Objektivität zu setzen.
Unmittelbar ist die Idee der Erscheinung theoretische Idee, das Erkennen als solches. Denn unmittelbar hat die objektive Welt die Form der Unmittelbarkeit oder des Seins für den für sich seienden Begriff, so wie dieser zuerst sich nur als der abstrakte, noch in ihm eingeschlossene Begriff seiner selbst ist; er ist daher nur als Form; seine Realität, die er an ihm selbst hat, sind nur seine einfachen Bestimmungen von Allgemeinheit und Besonderheit; die Einzelheit aber oder die bestimmte Bestimmtheit, den Inhalt erhält diese Form von außen.
59) Kritik der reinen Vernunft, B 401 ff.
60) Kritik der reinen Vernunft, B 414 ff.
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