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Zweiter Abschnitt: Die Objektivität
Im ersten Buche der objektiven Logik wurde das abstrakte Sein dargestellt als übergehend in das Dasein, aber ebenso zurückgehend in das Wesen. Im zweiten zeigt sich das Wesen, daß es sich zum Grunde bestimmt, dadurch in die Existenz tritt und sich zur Substanz realisiert, aber wieder in den Begriff zurückgeht. Vom Begriffe ist nun zunächst gezeigt worden, daß er sich zur Objektivität bestimmt. Es erhellt von selbst, daß dieser letztere Übergang seiner Bestimmung nach dasselbe ist, was sonst in der Metaphysik als der Schluß vom Begriffe, nämlich vom Begriffe Gottes auf sein Dasein, oder als der sogenannte ontologische Beweis vom Dasein Gottes vorkam. - Es ist ebenso bekannt, daß der erhabene Gedanke Descartes', daß der Gott das ist, dessen Begriff sein Sein in sich schließt, nachdem er in die schlechte Form des formalen Schlusses, nämlich in die Form jenes Beweises herabgesunken, endlich der Kritik der Vernunft und dem Gedanken, daß sich das Dasein nicht aus dem Begriffe herausklauben lasse, unterlegen ist. Einiges diesen Beweis Betreffende ist schon früher beleuchtet worden; im ersten Teile, S. 88 ff., indem das Sein in seinem nächsten Gegensatze, dem Nichtsein, verschwunden und als die Wahrheit beider sich das Werden gezeigt hat, ist die Verwechslung bemerklich gemacht worden, wenn bei einem bestimmten Dasein nicht das Sein desselben, sondern sein bestimmter Inhalt festgehalten und daher gemeint wird, wenn dieser bestimmte Inhalt, z. B. hundert Taler, mit einem anderen bestimmten Inhalte, z. B. dem Kontexte meiner Wahrnehmung, meinem Vermögenszustand verglichen und dabei ein Unterschied gefunden wird, ob jener Inhalt zu diesem hinzukomme oder nicht, - als ob dann vom Unterschiede des Seins und Nichtseins oder gar vom Unterschiede des Seins und des Begriffes gesprochen werde. Ferner ist daselbst S. 119 und II. Teil, S. 78 die in dem ontologischen Beweise vorkommende Bestimmung eines Inbegriffs aller Realitäten beleuchtet worden. - Den wesentlichen Gegenstand jenes Beweises, den Zusammenhang des Begriffes und des Daseins, betrifft aber die eben geschlossene Betrachtung des Begriffs und des ganzen Verlaufs, durch den er sich zur Objektivität bestimmt. Der Begriff ist als absolut mit sich identische Negativität das sich selbst Bestimmende; es ist bemerkt worden, daß er schon, indem er sich in der Einzelheit zum Urteil entschließt, sich als Reales, Seiendes setzt; diese noch abstrakte Realität vollendet sich in der Objektivität.
Wenn es nun scheinen möchte, als ob der Übergang des Begriffs in die Objektivität etwas anderes sei als der Übergang vom Begriff Gottes zu dessen Dasein, so wäre einerseits zu betrachten, daß der bestimmte Inhalt, Gott, im logischen Gange keinen Unterschied machte und der ontologische Beweis nur eine Anwendung dieses logischen Ganges auf jenen besonderen Inhalt wäre. Auf der andern Seite aber ist sich wesentlich an die oben gemachte Bemerkung zu erinnern, daß das Subjekt erst in seinem Prädikate Bestimmtheit und Inhalt erhält, vor demselben aber, er mag für das Gefühl, Anschauung und Vorstellung sonst sein, was er will, für das begreifende Erkennen nur ein Name ist; in dem Prädikate beginnt mit der Bestimmtheit aber zugleich die Realisation überhaupt. - Die Prädikate müssen aber gefaßt werden als selbst noch in den Begriff eingeschlossen, somit als etwas Subjektives, mit dem noch nicht zum Dasein herausgekommen ist; insofern ist einerseits allerdings die Realisation des Begriffs im Urteil noch nicht vollendet. Andererseits bleibt aber auch die bloße Bestimmung eines Gegenstandes durch Prädikate, ohne daß sie zugleich die Realisation und Objektivierung des Begriffes ist, etwas so Subjektives, daß sie auch nicht einmal die wahrhafte Erkenntnis und Bestimmung des Begriffs des Gegenstandes ist, - ein Subjektives in dem Sinne von abstrakter Reflexion und unbegriffenen Vorstellungen. - Gott als lebendiger Gott und noch mehr als absoluter Geist wird nur in seinem Tun erkannt. Früh ist der Mensch angewiesen worden, ihn in seinen Werken zu erkennen; aus diesen können erst die Bestimmungen hervorgehen, welche seine Eigenschaften genannt werden, so wie darin auch sein Sein enthalten ist. So faßt das begreifende Erkennen seines Wirkens, d. i. seiner selbst, den Begriff Gottes in seinem Sein und sein Sein in seinem Begriffe. Das Sein für sich oder gar das Dasein ist eine so arme und beschränkte Bestimmung, daß die Schwierigkeit, sie im Begriffe zu finden, wohl nur daher hat kommen können, daß nicht betrachtet worden ist, was denn das Sein oder Dasein selbst ist. - Das Sein, als die ganz abstrakte, unmittelbare Beziehung auf sich selbst, ist nichts anderes als das abstrakte Moment des Begriffs, welches abstrakte Allgemeinheit ist, die auch das, was man an das Sein verlangt, leistet, außer dem Begriff zu sein; denn sosehr sie Moment des Begriffs ist, ebensosehr ist sie der Unterschied oder das abstrakte Urteil desselben, indem er sich selbst sich gegenüberstellt. Der Begriff, auch als formaler, enthält schon unmittelbar das Sein in einer wahreren und reicheren Form, indem er, als sich auf sich beziehende Negativität, Einzelheit ist.
Unüberwindlich aber wird allerdings die Schwierigkeit, im Begriffe überhaupt und ebenso im Begriffe Gottes das Sein zu finden, wenn es ein solches sein soll, das im Kontexte der äußeren Erfahrung oder in der Form der sinnlichen Wahrnehmung wie die hundert Taler in meinem Vermögenszustande nur als ein mit der Hand, nicht mit dem Geiste Begriffenes, wesentlich dem äußeren, nicht dem inneren Auge Sichtbares vorkommen soll, - wenn dasjenige Sein, Realität, Wahrheit genannt wird, was die Dinge als sinnliche, zeitliche und vergängliche haben. - Wenn ein Philosophieren sich beim Sein nicht über die Sinne erhebt, so gesellt sich dazu, daß es auch beim Begriffe nicht den bloß abstrakten Gedanken verläßt; dieser steht dem Sein gegenüber.
Die Gewöhnung, den Begriff nur als etwas so Einseitiges, wie der abstrakte Gedanke ist, zu nehmen, wird schon Anstand finden, das, was vorhin vorgeschlagen wurde, anzuerkennen, nämlich den Übergang vom Begriffe Gottes zu seinem Sein als eine Anwendung von dem dargestellten logischen Verlauf der Objektivierung des Begriffs anzusehen. Wenn jedoch, wie gewöhnlich geschieht, zugegeben wird, daß das Logische als das Formale die Form für das Erkennen jedes bestimmten Inhalts ausmache, so müßte wenigstens jenes Verhältnis zugestanden werden, wenn nicht überhaupt eben bei dem Gegensatze des Begriffes gegen die Objektivität, bei dem unwahren Begriffe und einer ebenso unwahren Realität als einem Letzten stehengeblieben wird. - Allein bei der Exposition des reinen Begriffes ist noch weiter angedeutet worden, daß derselbe der absolute, göttliche Begriff selbst ist, so daß in Wahrheit nicht das Verhältnis einer Anwendung stattfinden würde, sondern jener logische Verlauf die unmittelbare Darstellung der Selbstbestimmung Gottes zum Sein wäre. Es ist aber hierüber zu bemerken, daß, indem der Begriff als der Begriff Gottes dargestellt werden soll, er aufzufassen ist, wie er schon in die Idee aufgenommen ist. Jener reine Begriff durchläuft die endlichen Formen des Urteils und des Schlusses darum, weil er noch nicht als an und für sich eins mit der Objektivität gesetzt, sondern erst im Werden zu ihr begriffen ist. So ist auch diese Objektivität noch nicht die göttliche Existenz, noch nicht die in der Idee scheinende Realität. Doch ist die Objektivität gerade um so viel reicher und höher als das Sein oder Dasein des ontologischen Beweises, als der reine Begriff reicher und höher ist als jene metaphysische Leere des Inbegriffs aller Realität. - Ich erspare es jedoch auf eine andere Gelegenheit, den vielfachen Mißverstand, der durch den logischen Formalismus in den ontologischen sowie in die übrigen sogenannten Beweise vom Dasein Gottes gebracht worden ist, wie auch die Kantische Kritik derselben näher zu beleuchten und durch Herstellen ihrer wahren Bedeutung die dabei zugrunde liegenden Gedanken in ihren Wert und Würde zurückzuführen. 53)
Es sind, wie bereits erinnert worden, schon mehrere Formen der Unmittelbarkeit vorgekommen, aber in verschiedenen Bestimmungen. In der Sphäre des Seins ist sie das Sein selbst und das Dasein, in der Sphäre des Wesens die Existenz und dann die Wirklichkeit und Substantialität, in der Sphäre des Begriffs außer der Unmittelbarkeit als abstrakter Allgemeinheit nunmehr die Objektivität. - Diese Ausdrücke mögen, wenn es nicht um die Genauigkeit philosophischer Begriffsunterschiede zu tun ist, als synonym gebraucht werden; jene Bestimmungen sind aus der Notwendigkeit des Begriffs hervorgegangen; - Sein ist überhaupt die erste Unmittelbarkeit und Dasein dieselbe mit der ersten Bestimmtheit. Die Existenz mit dem Dinge ist die Unmittelbarkeit, welche aus dem Grunde hervorgeht - aus der sich aufhebenden Vermittlung der einfachen Reflexion des Wesens. Die Wirklichkeit aber und die Substantialität ist die aus dem aufgehobenen Unterschiede der noch unwesentlichen Existenz als Erscheinung und ihrer Wesentlichkeit hervorgegangene Unmittelbarkeit. Die Objektivität endlich ist die Unmittelbarkeit, zu der sich der Begriff durch Aufhebung seiner Abstraktion und Vermittlung bestimmt. - Die Philosophie hat das Recht, aus der Sprache des gemeinen Lebens, welche für die Welt der Vorstellungen gemacht ist, solche Ausdrücke zu wählen, welche den Bestimmungen des Begriffs nahezukommen scheinen. Es kann nicht darum zu tun sein, für ein aus der Sprache des gemeinen Lebens gewähltes Wort zu erweisen, daß man auch im gemeinen Leben denselben Begriff damit verbinde, für welchen es die Philosophie gebraucht, denn das gemeine Leben hat keine Begriffe, sondern Vorstellungen, und es ist die Philosophie selbst, den Begriff dessen zu erkennen, was sonst bloße Vorstellung ist. Es muß daher genügen, wenn der Vorstellung bei ihren Ausdrücken, die für philosophische Bestimmungen gebraucht werden, so etwas Ungefähres von ihrem Unterschiede vorschwebt, wie es bei jenen Ausdrücken der Fall sein mag, daß man in ihnen Schattierungen der Vorstellung erkennt, welche sich näher auf die entsprechenden Begriffe beziehen. - Man wird vielleicht schwerer zugeben, daß etwas sein könne, ohne zu existieren: aber wenigstens wird man z. B. das Sein als Kopula des Urteils nicht wohl mit dem Ausdruck existieren vertauschen und nicht sagen: diese Ware existiert teuer, passend usf., das Geld existiert Metall oder metallisch, statt: diese Ware ist teuer, passend usf., das Geld ist Metall54) ; Sein aber und Erscheinen, Erscheinung und Wirklichkeit, wie auch bloßes Sein gegen Wirklichkeit werden auch wohl sonst unterschieden, so wie alle diese Ausdrücke noch mehr von der Objektivität. - Sollten sie aber auch synonym gebraucht werden, so wird die Philosophie ohnehin die Freiheit haben, solchen leeren Überfluß der Sprache für ihre Unterschiede zu benutzen.
Es ist beim apodiktischen Urteil, wo, als in der Vollendung des Urteils, das Subjekt seine Bestimmtheit gegen das Prädikat verliert, an die daher stammende gedoppelte Bedeutung der Subjektivität erinnert worden, nämlich des Begriffs und ebenso der ihm sonst gegenüberstehenden Äußerlichkeit und Zufälligkeit. So erscheint auch für die Objektivität die gedoppelte Bedeutung, dem selbständigen Begriffe gegenüberzustehen, aber auch das Anundfürsichseiende zu sein. Indem das Objekt in jenem Sinne dem im subjektiven Idealismus als das absolute Wahre ausgesprochenen Ich = Ich gegenübersteht, ist es die mannigfaltige Welt in ihrem unmittelbaren Dasein, mit welcher Ich oder der Begriff sich nur in den unendlichen Kampf setzt, um durch die Negation dieses an sich nichtigen Anderen der ersten Gewißheit seiner selbst die wirkliche Wahrheit seiner Gleichheit mit sich zu geben. - In unbestimmterem Sinne bedeutet es so einen Gegenstand überhaupt für irgendein Interesse und Tätigkeit des Subjekts.
In dem entgegengesetzten Sinne aber bedeutet das Objektive das Anundfürsichseiende, das ohne Beschränkung und Gegensatz ist. Vernünftige Grundsätze, vollkommene Kunstwerke usf. heißen insofern objektive, als sie frei und über aller Zufälligkeit sind. Obschon vernünftige, theoretische oder sittliche Grundsätze nur dem Subjektiven, dem Bewußtsein angehören, so wird das Anundfürsichseiende desselben doch objektiv genannt; die Erkenntnis der Wahrheit wird darein gesetzt, das Objekt, wie es als Objekt frei von Zutat subjektiver Reflexion, zu erkennen, und das Rechttun in Befolgung von objektiven Gesetzen, die ohne subjektiven Ursprung und keiner Willkür und ihre Notwendigkeit verkehrenden Behandlung fähig sind.
Auf dem gegenwärtigen Standpunkte unserer Abhandlung hat zunächst die Objektivität die Bedeutung des anundfürsichseienden Seins des Begriffes, des Begriffes, der die in seiner Selbstbestimmung gesetzte Vermittlung zur unmittelbaren Beziehung auf sich selbst aufgehoben hat. Diese Unmittelbarkeit ist dadurch selbst unmittelbar und ganz vom Begriffe durchdrungen, so wie seine Totalität unmittelbar mit seinem Sein identisch ist. Aber indem ferner der Begriff ebensosehr das freie Fürsichsein seiner Subjektivität herzustellen hat, so tritt ein Verhältnis desselben als Zwecks zur Objektivität ein, worin deren Unmittelbarkeit das gegen ihn Negative und durch seine Tätigkeit zu Bestimmende wird, hiermit die andere Bedeutung, das an und für sich Nichtige, insofern es dem Begriff gegenübersteht, zu sein, erhält.
Fürs erste nun ist die Objektivität in ihrer Unmittelbarkeit, deren Momente um der Totalität aller Momente willen in selbständiger Gleichgültigkeit als Objekte außereinander bestehen und in ihrem Verhältnisse die subjektive Einheit des Begriffs nur als innere oder als äußere haben, - der Mechanismus. - Indem in ihm aber
zweitens jene Einheit sich als immanentes Gesetz der Objekte selbst zeigt, so wird ihr Verhältnis ihre eigentümliche, durch ihr Gesetz begründete Differenz und eine Beziehung, in welcher ihre bestimmte Selbständigkeit sich aufhebt, - der Chemismus.
Drittens, diese wesentliche Einheit der Objekte ist eben damit als unterschieden von ihrer Selbständigkeit gesetzt, sie ist der subjektive Begriff, aber gesetzt als an und für sich selbst bezogen auf die Objektivität, als Zweck, - die Teleologie.
Indem der Zweck der Begriff ist, der gesetzt ist, als an ihm selbst sich auf die Objektivität zu beziehen und seinen Mangel, subjektiv zu sein, durch sich aufzuheben, so wird die zunächst äußere Zweckmäßigkeit durch die Realisierung des Zwecks zur inneren und zur Idee.
53) siehe "Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes"
54) *In einem französischen Bericht, worin der Befehlshaber angibt, daß er den sich bei der Insel gewöhnlich gegen Morgen erhebenden Wind erwartete, um ans Land zu steuern, kommt der Ausdruck vor: "le vent ayant été longtemps sans exister"; hier ist der Unterschied bloß aus der sonstigen Redensart, z. B. "il aété longtemps sans m'écrire", entstanden
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