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Vom Begriff im allgemeinen
Was die Natur des Begriffes sei, kann so wenig unmittelbar angegeben werden, als der Begriff irgendeines anderen Gegenstandes unmittelbar aufgestellt werden kann. Es könnte etwa scheinen, daß, um den Begriff eines Gegenstandes anzugeben, das Logische vorausgesetzt werde und dieses somit nicht wieder etwas anderes zu seinem Voraus haben, noch ein Abgeleitetes sein könne, wie in der Geometrie logische Sätze, wie sie in Anwendung auf die Größe erscheinen und in dieser Wissenschaft gebraucht werden, in der Form von Axiomen, unabgeleiteten und unableitbaren Erkenntnisbestimmungen vorangeschickt werden. Ob nun wohl der Begriff nicht nur als eine subjektive Voraussetzung, sondern als absolute Grundlage anzusehen ist, so kann er dies doch nicht sein, als insofern er sich zur Grundlage gemacht hat. Das abstrakt Unmittelbare ist wohl ein Erstes; als dies Abstrakte ist es aber vielmehr ein Vermitteltes, von dem also, wenn es in seiner Wahrheit gefaßt werden soll, seine Grundlage erst zu suchen ist. Diese muß daher zwar ein Unmittelbares sein, aber so, daß es aus der Aufhebung der Vermittlung sich zum Unmittelbaren gemacht hat.
Der Begriff ist von dieser Seite zunächst überhaupt als das Dritte zum Sein und Wesen, zum Unmittelbaren und zur Reflexion anzusehen. Sein und Wesen sind insofern die Momente seines Werdens; er aber ist ihre Grundlage und Wahrheit als die Identität, in welcher sie untergegangen und enthalten sind. Sie sind in ihm, weil er ihr Resultat ist, enthalten, aber nicht mehr als Sein und als Wesen; diese Bestimmung haben sie nur, insofern sie noch nicht in diese ihre Einheit zurückgegangen sind.
Die objektive Logik, welche das Sein und Wesen betrachtet, macht daher eigentlich die genetische Exposition des Begriffes aus. Näher ist die Substanz schon das reale Wesen oder das Wesen, insofern es mit dem Sein vereinigt und in Wirklichkeit getreten ist. Der Begriff hat daher die Substanz zu seiner unmittelbaren Voraussetzung, sie ist das an sich, was er als Manifestiertes ist. Die dialektische Bewegung der Substanz durch die Kausalität und Wechselwirkung hindurch ist daher die unmittelbare Genesis des Begriffes, durch welche sein Werden dargestellt wird. Aber sein Werden hat, wie das Werden überall, die Bedeutung, daß es die Reflexion des Übergehenden in seinen Grund ist und daß das zunächst anscheinend Andere, in welches das erstere übergegangen, dessen Wahrheit ausmacht. So ist der Begriff die Wahrheit der Substanz, und indem die bestimmte Verhältnisweise der Substanz die Notwendigkeit ist, zeigt sich die Freiheit als die Wahrheit der Notwendigkeit und als die Verhältnisweise des Begriffs.
Die eigene, notwendige Fortbestimmung der Substanz ist das Setzen dessen, was an und für sich ist; der Begriff nun ist diese absolute Einheit des Seins und der Reflexion, daß das Anundfürsichsein erst dadurch ist, daß es ebensosehr Reflexion oder Gesetztsein ist und daß das Gesetztsein das Anundfürsichsein ist. - Dies abstrakte Resultat erläutert sich durch die Darstellung seiner konkreten Genesis; sie enthält die Natur des Begriffes; sie muß aber dessen Abhandlung vorangegangen sein. Die Hauptmomente dieser Exposition (welche im zweiten Buch der objektiven Logik ausführlich abgehandelt worden ist) sind daher hier kürzlich zusammenzustellen:
Die Substanz ist das Absolute, das an und für sich seiende Wirkliche, - an sich als die einfache Identität der Möglichkeit und Wirklichkeit, absolutes, alle Wirklichkeit und Möglichkeit in sich enthaltendes Wesen, - für sich diese Identität als absolute Macht oder schlechthin sich auf sich beziehende Negativität. Die Bewegung der Substantialität, welche durch diese Momente gesetzt ist, besteht darin,
1. daß die Substanz als absolute Macht oder sich auf sich beziehende Negativität sich zu einem Verhältnisse unterscheidet, worin jene zunächst nur einfachen Momente als Substanzen und als ursprüngliche Voraussetzungen sind. - Das bestimmte Verhältnis derselben ist das einer passiven Substanz, der Ursprünglichkeit des einfachen Ansichseins, welches machtlos sich nicht selbst setzend, nur ursprüngliches Gesetztsein ist, - und von aktiver Substanz der sich auf sich beziehenden Negativität, welche als solche sich als Anderes gesetzt hat und auf dies Andere bezieht. Dies Andere ist eben die passive Substanz, welche sie sich in der Ursprünglichkeit ihrer Macht als Bedingung vorausgesetzt hat. - Dies Voraussetzen ist so zu fassen, daß die Bewegung der Substanz selbst zunächst unter der Form des einen Moments ihres Begriffs, des Ansichseins ist, daß die Bestimmtheit der einen der im Verhältnis stehenden Substanzen auch Bestimmtheit dieses Verhältnisses selbst ist.
2. Das andere Moment ist das Fürsichsein, oder daß die Macht sich als sich auf sich selbst beziehende Negativität setzt, wodurch sie das Vorausgesetzte wieder aufhebt. - Die aktive Substanz ist die Ursache; sie wirkt, d. h. sie ist nun das Setzen, wie sie vorher das Voraussetzen war, daß a) der Macht auch der Schein der Macht, dem Gesetztsein auch der Schein des Gesetztseins gegeben wird. Das, was in der Voraussetzung Ursprüngliches war, wird in der Kausalität durch die Beziehung auf Anderes das, was es an sich ist; die Ursache bringt eine Wirkung, und zwar an einer anderen Substanz hervor; sie ist nunmehr Macht in Beziehung auf ein Anderes, erscheint insofern als Ursache, aber ist es erst durch dies Erscheinen. - b) An die passive Substanz tritt die Wirkung, wodurch sie als Gesetztsein nun auch erscheint, aber erst darin passive Substanz ist.
3. Aber es ist noch mehr hierin vorhanden als nur diese Erscheinung, nämlich a) die Ursache wirkt auf die passive Substanz, sie verändert deren Bestimmung; aber diese ist das Gesetztsein, sonst ist nichts an ihr zu verändern; die andere Bestimmung aber, die sie erhält, ist die Ursächlichkeit; die passive Substanz wird also zur Ursache, Macht und Tätigkeit. b) Es wird die Wirkung an ihr gesetzt von der Ursache; das aber von der Ursache Gesetzte ist die im Wirken mit sich identische Ursache selbst; es ist diese, welche sich an die Stelle der passiven Substanz setzt. - Ebenso in Ansehung der aktiven Substanz ist a) das Wirken das Übersetzen der Ursache in die Wirkung, in ihr Anderes, das Gesetztsein, und b) in der Wirkung zeigt sich die Ursache als das, was sie ist; die Wirkung ist identisch mit der Ursache, nicht ein Anderes; die Ursache zeigt also im Wirken das Gesetztsein als das, was sie wesentlich ist. - Nach beiden Seiten also, des identischen sowohl als des negativen Beziehens der anderen auf sie, wird jede das Gegenteil ihrer selbst; dies Gegenteil aber wird jede, daß die andere, also auch jede, identisch mit sich selbst bleibt. - Aber beides, das identische und das negative Beziehen, ist ein und dasselbe; die Substanz ist nur in ihrem Gegenteil identisch mit sich selbst, und dies macht die absolute Identität der als zwei gesetzten Substanzen aus. Die aktive Substanz wird durch das Wirken, d. h. indem sie sich als das Gegenteil ihrer selbst setzt, was zugleich das Aufheben ihres vorausgesetzten Andersseins, der passiven Substanz ist, als Ursache oder ursprüngliche Substantialität manifestiert. Umgekehrt wird durch das Einwirken das Gesetztsein als Gesetztsein, das Negative als Negatives, somit die passive Substanz als sich auf sich beziehende Negativität manifestiert, und die Ursache geht in diesem Anderen ihrer selbst schlechthin nur mit sich zusammen. Durch dies Setzen wird also die vorausgesetzte oder an sich seiende Ursprünglichkeit für sich; aber dies Anundfürsichsein ist nur dadurch, daß dies Setzen ebensosehr ein Aufheben des Vorausgesetzten ist oder die absolute Substanz nur aus und in ihrem Gesetztsein zu sich selbst zurückgekommen und dadurch absolut ist. Diese Wechselwirkung ist hiermit die sich wieder aufhebende Erscheinung; die Offenbarung des Scheins der Kausalität, worin die Ursache als Ursache ist, daß er Schein ist. Diese unendliche Reflexion in sich selbst, daß das Anundfürsichsein erst dadurch ist, daß es Gesetztsein ist, ist die Vollendung der Substanz. Aber diese Vollendung ist nicht mehr die Substanz selbst, sondern ist ein Höheres, der Begriff, das Subjekt. Der Übergang des Substantialitätsverhältnisses geschieht durch seine eigene immanente Notwendigkeit und ist weiter nichts als die Manifestation ihrer selbst, daß der Begriff ihre Wahrheit und die Freiheit die Wahrheit der Notwendigkeit ist.
Es ist schon früher im zweiten Buch der objektiven Logik (>>>) erinnert worden, daß die Philosophie, welche sich auf den Standpunkt der Substanz stellt und darauf stehenbleibt, das System des Spinoza ist. Es ist daselbst zugleich der Mangel dieses Systems sowohl der Form als Materie nach aufgezeigt worden. Ein anderes aber ist die Widerlegung desselben. In Rücksicht auf die Widerlegung eines philosophischen Systems ist anderwärts gleichfalls die allgemeine Bemerkung gemacht worden, daß daraus die schiefe Vorstellung zu verbannen ist, als ob das System als durchaus falsch dargestellt werden solle und als ob das wahre System dagegen dem falschen nur entgegengesetzt sei. Aus dem Zusammenhange, in welchem hier das spinozistische System vorkommt, geht von selbst der wahre Standpunkt desselben und der Frage, ob es wahr oder falsch sei, hervor. Das Substantialitätsverhältnis erzeugte sich durch die Natur des Wesens; dies Verhältnis sowie seine zu einem Ganzen erweiterte Darstellung in einem Systeme ist daher ein notwendiger Standpunkt, auf welchen das Absolute sich stellt. Ein solcher Standpunkt ist daher nicht als eine Meinung, eine subjektive, beliebige Vorstellungs- und Denkweise eines Individuums, als eine Verirrung der Spekulation anzusehen; diese findet sich vielmehr auf ihrem Wege notwendig darauf versetzt, und insofern ist das System vollkommen wahr. - Aber es ist nicht der höchste Standpunkt. Allein insofern kann das System nicht als falsch, als der Widerlegung bedürftig und fähig angesehen werden; sondern nur dies daran ist als das Falsche zu betrachten, daß es der höchste Standpunkt sei. Das wahre System kann daher auch nicht das Verhältnis zu ihm haben, ihm nur entgegengesetzt zu sein; denn so wäre dies Entgegengesetzte selbst ein Einseitiges. Vielmehr als das Höhere muß es das Untergeordnete in sich enthalten.
Ferner muß die Widerlegung nicht von außen kommen, d. h. nicht von Annahmen ausgehen, welche außer jenem Systeme liegen, denen es nicht entspricht. Es braucht jene Annahmen nur nicht anzuerkennen; der Mangel ist nur für den ein Mangel, welcher von den auf sie gegründeten Bedürfnissen und Forderungen ausgeht. Insofern ist gesagt worden, daß, wer die Freiheit und Selbständigkeit des selbstbewußten Subjekts nicht für sich als entschieden voraussetze, für den könne keine Widerlegung des Spinozismus stattfinden. Ohnehin ignoriert ein so hoher und in sich schon so reicher Standpunkt als das Substantialitätsverhältnis jene Annahmen nicht, sondern enthält sie auch; eins der Attribute der spinozistischen Substanz ist das Denken. Er versteht vielmehr die Bestimmungen, unter welchen diese Annahmen ihm widerstreiten, aufzulösen und in sich zu ziehen, so daß sie in demselben, aber in den ihm angemessenen Modifikationen, erscheinen. Der Nerv des äußerlichen Widerlegens beruht dann allein darauf, die entgegengesetzten Formen jener Annahmen, z. B. das absolute Selbstbestehen des denkenden Individuums gegen die Form des Denkens, wie es in der absoluten Substanz mit der Ausdehnung identisch gesetzt wird, seinerseits steif und fest zu halten. Die wahrhafte Widerlegung muß in die Kraft des Gegners eingehen und sich in den Umkreis seiner Stärke stellen; ihn außerhalb seiner selbst anzugreifen und da Recht zu behalten, wo er nicht ist, fördert die Sache nicht. Die einzige Widerlegung des Spinozismus kann daher nur darin bestehen, daß sein Standpunkt zuerst als wesentlich und notwendig anerkannt werde, daß aber zweitens dieser Standpunkt aus sich selbst auf den höheren gehoben werde. Das Substantialitätsverhältnis, ganz nur an und für sich selbst betrachtet, führt sich zu seinem Gegenteil, dem Begriffe, über. Die im letzten Buch enthaltene Exposition der Substanz, welche zum Begriffe überführt, ist daher die einzige und wahrhafte Widerlegung des Spinozismus. Sie ist die Enthüllung der Substanz, und diese ist die Genesis des Begriffs, deren Hauptmomente oben zusammengestellt worden. - Die Einheit der Substanz ist ihr Verhältnis der Notwendigkeit; aber so ist sie nur innere Notwendigkeit; indem sie durch das Moment der absoluten Negativität sich setzt, wird sie manifestierte oder gesetzte Identität und damit die Freiheit, welche die Identität des Begriffs ist. Dieser, die aus der Wechselwirkung resultierende Totalität, ist die Einheit der beiden Substanzen der Wechselwirkung, so daß sie aber nunmehr der Freiheit angehören, indem sie nicht mehr ihre Identität als ein Blindes, d. h. Innerliches, sondern daß sie wesentlich die Bestimmung haben, als Schein oder Reflexionsmomente zu sein, wodurch jede mit ihrem Anderen oder ihrem Gesetztsein ebenso unmittelbar zusammengegangen und jede ihr Gesetztsein in sich selbst enthält, somit in ihrem Anderen schlechthin nur als identisch mit sich gesetzt ist.
Im Begriffe hat sich daher das Reich der Freiheit eröffnet. Er ist das Freie, weil die an und für sich seiende Identität, welche die Notwendigkeit der Substanz ausmacht, zugleich als aufgehoben oder als Gesetztsein ist und dies Gesetztsein, als sich auf sich selbst beziehend, eben jene Identität ist. Die Dunkelheit der im Kausalverhältnisse stehenden Substanzen füreinander ist verschwunden, denn die Ursprünglichkeit ihres Selbstbestehens ist in Gesetztsein übergegangen und dadurch zur sich selbst durchsichtigen Klarheit geworden; die ursprüngliche Sache ist dies, indem sie nur die Ursache ihrer selbst ist, und dies ist die zum Begriffe befreite Substanz.
Es ergibt sich hieraus für den Begriff sogleich folgende nähere Bestimmung. Weil das Anundfürsichsein unmittelbar als Gesetztsein ist, ist der Begriff in seiner einfachen Beziehung auf sich selbst absolute Bestimmtheit, aber welche ebenso als sich nur auf sich beziehend unmittelbar einfache Identität ist. Aber diese Beziehung der Bestimmtheit auf sich selbst, als das Zusammengehen derselben mit sich, ist ebensosehr die Negation der Bestimmtheit, und der Begriff ist als diese Gleichheit mit sich selbst das Allgemeine. Aber diese Identität hat so sehr die Bestimmung der Negativität; sie ist die Negation oder Bestimmtheit, welche sich auf sich bezieht; so ist der Begriff Einzelnes. Jedes von ihnen ist die Totalität, jedes enthält die Bestimmung des Anderen in sich, und darum sind diese Totalitäten ebenso schlechthin nur eine, als diese Einheit die Diremtion ihrer selbst in den freien Schein dieser Zweiheit ist - einer Zweiheit, welche in dem Unterschied des Einzelnen und Allgemeinen als vollkommener Gegensatz erscheint, der aber so sehr Schein ist, daß, indem das eine begriffen und ausgesprochen wird, darin das andere unmittelbar begriffen und ausgesprochen ist.
Das soeben Vorgetragene ist als der Begriff des Begriffes zu betrachten. Wenn derselbe von demjenigen abzuweichen scheinen kann, was man sonst unter Begriff verstehe, so könnte verlangt werden, daß aufgezeigt würde, wie dasselbe, was hier als der Begriff sich ergeben hat, in anderen Vorstellungen oder Erklärungen enthalten sei. Einerseits kann es jedoch nicht um eine durch die Autorität des gewöhnlichen Verstehens begründete Bestätigung zu tun sein; in der Wissenschaft des Begriffes kann dessen Inhalt und Bestimmung allein durch die immanente Deduktion bewährt werden, welche seine Genesis enthält und welche bereits hinter uns liegt. Auf der andern Seite muß wohl an sich in demjenigen, was sonst als der Begriff des Begriffs vorgelegt wird, der hier deduzierte zu erkennen sein. Aber es ist nicht so leicht, das aufzufinden, was andere von der Natur des Begriffes gesagt haben. Denn meistens befassen sie sich mit dieser Aufsuchung gar nicht und setzen voraus, daß jeder es schon von selbst verstehe, wenn man von dem Begriffe spreche. Neuerlich konnte man sich der Bemühung mit dem Begriffe um so mehr überhoben glauben, da, wie es eine Zeitlang Ton war, der Einbildungskraft, dann dem Gedächtnisse alles mögliche Schlimme nachzusagen, es in der Philosophie seit geraumer Zeit zur Gewohnheit geworden und zum Teil noch gegenwärtig ist, auf den Begriff alle üble Nachrede zu häufen, ihn, der das Höchste des Denkens ist, verächtlich zu machen und dagegen für den höchsten sowohl szientifischen als moralischen Gipfel das Unbegreifliche und das Nichtbegreifen anzusehen.
Ich beschränke mich hier auf eine Bemerkung, die für das Auffassen der hier entwickelten Begriffe dienen kann und es erleichtern mag, sich darein zu finden. Der Begriff, insofern er zu einer solchen Existenz gediehen ist, welche selbst frei ist, ist nichts anderes als Ich oder das reine Selbstbewußtsein. Ich habe wohl Begriffe, d. h. bestimmte Begriffe; aber Ich ist der reine Begriff selbst, der als Begriff zum Dasein gekommen ist. Wenn man daher an die Grundbestimmungen, welche die Natur des Ich ausmachen, erinnert, so darf man voraussetzen, daß an etwas Bekanntes, d. i. der Vorstellung Geläufiges erinnert wird. Ich aber ist erstlich diese reine sich auf sich beziehende Einheit, und dies nicht unmittelbar, sondern indem es von aller Bestimmtheit und Inhalt abstrahiert und in die Freiheit der schrankenlosen Gleichheit mit sich selbst zurückgeht. So ist es Allgemeinheit; Einheit, welche nur durch jenes negative Verhalten, welches als das Abstrahieren erscheint, Einheit mit sich ist und dadurch alles Bestimmtsein in sich aufgelöst enthält. Zweitens ist Ich ebenso unmittelbar als die sich auf sich selbst beziehende Negativität Einzelheit, absolutes Bestimmtsein, welches sich Anderem gegenüberstellt und es ausschließt; individuelle Persönlichkeit. Jene absolute Allgemeinheit, die ebenso unmittelbar absolute Vereinzelung ist, und ein Anundfürsichsein, welches schlechthin Gesetztsein und nur dies Anundfürsichsein durch die Einheit mit dem Gesetztsein ist, macht ebenso die Natur des Ich als des Begriffes aus; von dem einen und dem anderen ist nichts zu begreifen, wenn nicht die angegebenen beiden Momente zugleich in ihrer Abstraktion und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit aufgefaßt werden.
Wenn nach der gewöhnlichen Weise von dem Verstande, den Ich habe, gesprochen wird, so versteht man darunter ein Vermögen oder Eigenschaft, die in dem Verhältnisse zu Ich stehe wie die Eigenschaft des Dings zum Dinge selbst, - einem unbestimmten Substrate, welches nicht der wahrhafte Grund und das Bestimmende seiner Eigenschaft sei. Nach dieser Vorstellung habe Ich Begriffe und den Begriff, wie ich auch einen Rock, Farbe und andere äußerliche Eigenschaften habe. - Kant ist über dieses äußerliche Verhältnis des Verstandes als des Vermögens der Begriffe und des Begriffes selbst zum Ich hinausgegangen. Es gehört zu den tiefsten und richtigsten Einsichten, die sich in der Kritik der Vernunft finden, daß die Einheit, die das Wesen des Begriffs ausmacht, als die ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption, als Einheit des "Ich denke" oder des Selbstbewußtseins erkannt wird. - Dieser Satz macht die sogenannte transzendentale Deduktion der Kategorie[n] aus; sie hat aber von jeher für eines der schwersten Stücke der Kantischen Philosophie gegolten, - wohl aus keinem anderen Grunde, als weil sie fordert, daß über die bloße Vorstellung des Verhältnisses, in welchem Ich und der Verstand oder die Begriffe zu einem Ding und seinen Eigenschaften oder Akzidenzen stehen, zum Gedanken hinausgegangen werden soll. - "Objekt", sagt Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Ausg., S. 137, "ist das, in dessen Begriff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist. Alle Vereinigung der Vorstellungen erfordert aber Einheit des Bewußtseins in der Synthesis derselben. Folglich ist diese Einheit des Bewußtseins dasjenige, was allein die Beziehung der Vorstellungen auf einen Gegenstand, mithin ihre objektive Gültigkeit ... ausmacht und worauf selbst die Möglichkeit des Verstandes beruht." Kant unterscheidet die subjektive Einheit des Bewußtseins hiervon, die Einheit der Vorstellung, ob ich mir eines Mannigfaltigen als zugleich oder nacheinander bewußt bin, was von empirischen Bedingungen abhänge. Die Prinzipien dagegen der objektiven Bestimmung der Vorstellungen seien allein aus dem Grundsatze der transzendentalen Einheit der Apperzeption abzuleiten. Durch die Kategorien, welche diese objektiven Bestimmungen sind, werde das Mannigfaltige gegebener Vorstellungen so bestimmt, daß es zur Einheit des Bewußtseins gebracht werde. - Nach dieser Darstellung ist die Einheit des Begriffs dasjenige, wodurch etwas nicht bloße Gefühlsbestimmung, Anschauung oder auch bloße Vorstellung, sondern Objekt ist, welche objektive Einheit die Einheit des Ich mit sich selbst ist. - Das Begreifen eines Gegenstandes besteht in der Tat in nichts anderem, als daß Ich denselben sich zu eigen macht, ihn durchdringt und ihn in seine eigene Form, d. i. in die Allgemeinheit, welche unmittelbar Bestimmtheit, oder Bestimmtheit, welche unmittelbar Allgemeinheit ist, bringt. Der Gegenstand in der Anschauung oder auch in der Vorstellung ist noch ein Äußerliches, Fremdes. Durch das Begreifen wird das Anundfürsichsein, das er im Anschauen und Vorstellen hat, in ein Gesetztsein verwandelt; Ich durchdringt ihn denkend. Wie er aber im Denken ist, so ist er erst an und für sich; wie er in der Anschauung oder Vorstellung ist, ist er Erscheinung; das Denken hebt seine Unmittelbarkeit, mit der er zunächst vor uns kommt, auf und macht so ein Gesetztsein aus ihm; dies sein Gesetztsein aber ist sein Anundfürsichsein oder seine Objektivität. Diese Objektivität hat der Gegenstand somit im Begriffe, und dieser ist die Einheit des Selbstbewußtseins, in die er aufgenommen worden; seine Objektivität oder der Begriff ist daher selbst nichts anderes als die Natur des Selbstbewußtseins, hat keine anderen Momente oder Bestimmungen als das Ich selbst.
Hiernach rechtfertigt es sich durch einen Hauptsatz der Kantischen Philosophie, daß, um das zu erkennen, was der Begriff sei, an die Natur des Ich erinnert wird. Umgekehrt aber ist hierzu notwendig, den Begriff des Ich aufgefaßt zu haben, wie er vorhin angeführt worden. Wenn bei der bloßen Vorstellung des Ich stehengeblieben wird, wie sie unserem gewöhnlichen Bewußtsein vorschwebt, so ist Ich nur das einfache Ding, welches auch Seele genannt wird, dem der Begriff als ein Besitz oder Eigenschaft inhäriert. Diese Vorstellung, welche sich nicht damit einläßt, weder Ich noch den Begriff zu begreifen, kann nicht dazu dienen, das Begreifen des Begriffs zu erleichtern oder näherzubringen.
Die angeführte Kantische Darstellung enthält noch zwei Seiten, die den Begriff betreffen und einige weitere Bemerkungen notwendig machen. Fürs erste sind der Stufe des Verstandes die Stufen des Gefühls und der Anschauung vorausgeschickt, und es ist ein wesentlicher Satz der Kantischen Transzendentalphilosophie, daß die Begriffe ohne Anschauung leer sind und allein als Beziehungen des durch die Anschauung gegebenen Mannigfaltigen Gültigkeit haben. Zweitens ist der Begriff als das Objektive der Erkenntnis angegeben worden, somit als die Wahrheit. Aber auf der andern Seite wird derselbe als etwas bloß Subjektives genommen, aus dem sich die Realität, unter welcher, da sie der Subjektivität gegenübergestellt wird, die Objektivität zu verstehen ist, nicht herausklauben lasse; und überhaupt wird der Begriff und das Logische für etwas nur Formelles erklärt, das, weil es von dem Inhalt abstrahiere, die Wahrheit nicht enthalte.
Was nun erstens jenes Verhältnis des Verstandes oder Begriffs zu den ihm vorausgesetzten Stufen betrifft, so kommt es darauf an, welches die Wissenschaft ist, die abgehandelt wird, um die Form jener Stufen zu bestimmen. In unserer Wissenschaft, als der reinen Logik, sind diese Stufen Sein und Wesen. In der Psychologie sind es das Gefühl und die Anschauung und dann die Vorstellung überhaupt, welche dem Verstande vorausgeschickt werden. In der Phänomenologie des Geistes, als der Lehre vom Bewußtsein, wurde durch die Stufen des sinnlichen Bewußtseins und dann des Wahrnehmens zum Verstande aufgestiegen. Kant schickt ihm nur Gefühl und Anschauung voraus. Wie unvollständig zunächst diese Stufenleiter ist, gibt er schon selbst dadurch zu erkennen, daß er als Anhang zu der transzendentalen Logik oder Verstandeslehre noch eine Abhandlung über die Reflexionsbegriffe hinzufügt, - eine Sphäre, welche zwischen der Anschauung und dem Verstande oder dem Sein und Begriffe liegt.
Über die Sache selbst ist fürs erste zu bemerken, daß jene Gestalten von Anschauung, Vorstellung und dergleichen dem selbstbewußten Geiste angehören, der als solcher nicht in der logischen Wissenschaft betrachtet wird. Die reinen Bestimmungen von Sein, Wesen und Begriff machen zwar auch die Grundlage und das innere einfache Gerüst der Formen des Geistes aus; der Geist als anschauend, ebenso als sinnliches Bewußtsein ist in der Bestimmtheit des unmittelbaren Seins, so wie der Geist als vorstellend wie auch als wahrnehmendes Bewußtsein sich vom Sein auf die Stufe des Wesens oder der Reflexion erhoben hat. Allein diese konkreten Gestalten gehen die logische Wissenschaft sowenig an als die konkreten Formen, welche die logischen Bestimmungen in der Natur annehmen und welche Raum und Zeit, alsdann der sich erfüllende Raum und Zeit als unorganische Natur, und die organische Natur sein würden. Ebenso ist hier auch der Begriff nicht als Aktus des selbstbewußten Verstandes, nicht der subjektive Verstand zu betrachten, sondern der Begriff an und für sich, welcher ebensowohl eine Stufe der Natur als des Geistes ausmacht. Das Leben oder die organische Natur ist diese Stufe der Natur, auf welcher der Begriff hervortritt; aber als blinder, sich selbst nicht fassender, d. h. nicht denkender Begriff; als solcher kommt er nur dem Geiste zu. Von jener ungeistigen aber sowohl als von dieser geistigen Gestalt des Begriffs ist seine logische Form unabhängig, es ist hierüber schon in der Einleitung die nötige Vorerinnerung gemacht worden; es ist dies eine Bedeutung, welche nicht erst innerhalb der Logik zu rechtfertigen ist, sondern mit der man vor derselben im reinen sein muß.
Wie nun aber auch die Formen gestaltet sein möchten, welche dem Begriffe vorangehen, so kommt es zweitens auf das Verhältnis an, in welchem der Begriff zu denselben gedacht wird. Dies Verhältnis wird sowohl in der gewöhnlichen psychologischen Vorstellung als auch in der Kantischen Transzendentalphilosophie so angenommen, daß der empirische Stoff, das Mannigfaltige der Anschauung und Vorstellung, zuerst für sich da ist und daß dann der Verstand dazu hintrete, Einheit in denselben bringe und ihn durch Abstraktion in die Form der Allgemeinheit erhebe. Der Verstand ist auf diese Weise eine für sich leere Form, welche teils nur durch jenen gegebenen Inhalt Realität erhält, teils von ihm abstrahiert, nämlich ihn als etwas, aber nur für den Begriff Unbrauchbares wegläßt. Der Begriff ist in dem einen und dem anderen Tun nicht das Unabhängige, nicht das Wesentliche und Wahre jenes vorausgehenden Stoffes, welches vielmehr die Realität an und für sich ist, die sich aus dem Begriffe nicht herausklauben läßt.
Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß der Begriff als solcher noch nicht vollständig ist, sondern in die Idee sich erheben muß, welche erst die Einheit des Begriffs und der Realität ist; wie sich in dem Verfolge durch die Natur des Begriffs selbst ergeben muß. Denn die Realität, die er sich gibt, darf nicht als ein Äußerliches aufgenommen, sondern muß nach wissenschaftlicher Forderung aus ihm selbst abgeleitet werden. Aber es ist wahrhaftig nicht jener durch die Anschauung und die Vorstellung gegebene Stoff, welcher gegen den Begriff als das Reale geltend gemacht werden darf. "Es ist nur ein Begriff", pflegt man zu sagen, indem man nicht nur die Idee, sondern das sinnliche, räumliche und zeitliche handgreifliche Dasein als etwas gegenüberstellt, das vortrefflicher sei als der Begriff. Das Abstrakte hält man dann darum für geringer als das Konkrete, weil aus jenem so viel dergleichen Stoff weggelassen worden sei. Das Abstrahieren hat in dieser Meinung die Bedeutung, daß aus dem Konkreten nur zu unserem subjektiven Behuf ein oder das andere Merkmal so herausgenommen werden, daß mit dem Weglassen so vieler anderer Eigenschaften und Beschaffenheiten des Gegenstandes denselben an ihrem Werte und ihrer Würde nichts benommen sein solle, sondern sie als das Reelle, nur auf der andern Seite drüben, noch immer als völlig Geltendes gelassen werden, so daß es nur das Unvermögen des Verstandes sei, solchen Reichtum nicht aufzunehmen und sich mit der dürftigen Abstraktion begnügen zu müssen. Wenn nun der gegebene Stoff der Anschauung und das Mannigfaltige der Vorstellung als das Reelle gegen das Gedachte und den Begriff genommen wird, so ist dies eine Ansicht, welche abgelegt zu haben nicht nur Bedingung des Philosophierens ist, sondern schon von der Religion vorausgesetzt wird; wie ist ein Bedürfnis und der Sinn derselben möglich, wenn die flüchtige und oberflächliche Erscheinung des Sinnlichen und Einzelnen noch für das Wahre gehalten wird? Die Philosophie aber gibt die begriffene Einsicht, was es mit der Realität des sinnlichen Seins für eine Bewandtnis habe, und schickt jene Stufen des Gefühls und der Anschauung, des sinnlichen Bewußtseins usf. insofern dem Verstande voraus, als sie in dessen Werden seine Bedingungen, aber nur so sind, daß der Begriff aus ihrer Dialektik und Nichtigkeit als ihr Grund hervorgeht, nicht aber, daß er durch ihre Realität bedingt wäre. Das abstrahierende Denken ist daher nicht als bloßes Auf-die-Seite-Stellen des sinnlichen Stoffes zu betrachten, welcher dadurch in seiner Realität keinen Eintrag leide, sondern es ist vielmehr das Aufheben und die Reduktion desselben als bloßer Erscheinung auf das Wesentliche, welches nur im Begriff sich manifestiert. Wenn das freilich nur als ein Merkmal oder Zeichen dienen soll, was von der konkreten Erscheinung in den Begriff aufzunehmen sei, so darf es allerdings auch irgendeine nur sinnliche einzelne Bestimmung des Gegenstandes sein, die wegen irgendeines äußerlichen Interesses aus den anderen herausgewählt wird und von gleicher Art und Natur wie die übrigen ist.
Ein hauptsächlicher Mißverstand, welcher hierbei obwaltet, ist, als ob das natürliche Prinzip oder der Anfang, von dem in der natürlichen Entwicklung oder in der Geschichte des sich bildenden Individuums ausgegangen wird, das Wahre und im Begriffe Erste sei. Anschauung oder Sein sind wohl der Natur nach das Erste oder die Bedingung für den Begriff, aber sie sind darum nicht das an und für sich Unbedingte; im Begriffe hebt sich vielmehr ihre Realität und damit zugleich der Schein auf, den sie als das bedingende Reelle hatten. Wenn es nicht um die Wahrheit, sondern nur um die Historie zu tun ist, wie es im Vorstellen und dem erscheinenden Denken zugehe, so kann man allerdings bei der Erzählung stehenbleiben, daß wir mit Gefühlen und Anschauungen anfangen und der Verstand aus dem Mannigfaltigen derselben eine Allgemeinheit oder ein Abstraktes herausziehe und begreiflich jene Grundlage dazu nötig habe, welche bei diesem Abstrahieren noch in der ganzen Realität, mit welcher sie sich zuerst zeigte, dem Vorstellen stehenbleibe. Aber die Philosophie soll keine Erzählung dessen sein, was geschieht, sondern eine Erkenntnis dessen, was wahr darin ist, und aus dem Wahren soll sie ferner das begreifen, was in der Erzählung als ein bloßes Geschehen erscheint.
Wenn in der oberflächlichen Vorstellung von dem, was der Begriff ist, alle Mannigfaltigkeit außer dem Begriffe steht und diesem nur die Form der abstrakten Allgemeinheit oder der leeren Reflexionsidentität zukommt, so kann schon zunächst daran erinnert werden, daß auch sonst für die Angabe eines Begriffs oder die Definition zu der Gattung, welche selbst schon eigentlich nicht rein abstrakte Allgemeinheit ist, ausdrücklich auch die spezifische Bestimmtheit gefordert wird. Wenn nur mit etwas denkender Betrachtung darauf reflektiert würde, was dies sagen will, so würde sich ergeben, daß damit das Unterscheiden als ein ebenso wesentliches Moment des Begriffs angesehen wird. Kant hat diese Betrachtung durch den höchst wichtigen Gedanken eingeleitet, daß es synthetische Urteile a priori gebe. Diese ursprüngliche Synthesis der Apperzeption ist eines der tiefsten Prinzipien für die spekulative Entwicklung; sie enthält den Anfang zum wahrhaften Auffassen der Natur des Begriffs und ist jener leeren Identität oder abstrakten Allgemeinheit, welche keine Synthesis in sich ist, vollkommen entgegengesetzt. - Diesem Anfange entspricht jedoch die weitere Ausführung wenig. Schon der Ausdruck Synthesis leitet leicht wieder zur Vorstellung einer äußerlichen Einheit und bloßen Verbindung von solchen, die an und für sich getrennt sind. Alsdann ist die Kantische Philosophie nur bei dem psychologischen Reflexe des Begriffs stehengeblieben und ist wieder zur Behauptung der bleibenden Bedingtheit des Begriffs durch ein Mannigfaltiges der Anschauung zurückgegangen. Sie hat die Verstandeserkenntnisse und die Erfahrung nicht darum als einen erscheinenden Inhalt ausgesprochen, weil die Kategorien selbst nur endliche sind, sondern aus dem Grunde eines psychologischen Idealismus, weil sie nur Bestimmungen seien, die vom Selbstbewußtsein herkommen. Auch gehört hierher, daß der Begriff wieder ohne das Mannigfaltige der Anschauung inhaltslos und leer sein soll, ungeachtet er a priori eine Synthesis sei; indem er dies ist, hat er ja die Bestimmtheit und den Unterschied in sich selbst. Indem sie die Bestimmtheit des Begriffs, damit die absolute Bestimmtheit, die Einzelheit, ist, ist der Begriff Grund und Quelle aller endlichen Bestimmtheit und Mannigfaltigkeit.
Die formelle Stellung, welche er als Verstand behält, wird in der Kantischen Darstellung dessen, was Vernunft sei, vollendet. In der Vernunft, der höchsten Stufe des Denkens, sollte man erwarten, der Begriff werde die Bedingtheit, in welcher er auf der Stufe des Verstandes noch erscheint, verlieren und zur vollendeten Wahrheit kommen. Diese Erwartung wird aber getäuscht. Dadurch, daß Kant das Verhalten der Vernunft zu den Kategorien als nur dialektisch bestimmt, und zwar das Resultat dieser Dialektik schlechthin nur als das unendliche Nichts auffaßt, so verliert die unendliche Einheit der Vernunft auch noch die Synthesis und damit jenen Anfang eines spekulativen, wahrhaft unendlichen Begriffs; sie wird zu der bekannten ganz formellen, bloß regulativen Einheit des systematischen Verstandesgebrauchs. Es wird für einen Mißbrauch erklärt, daß die Logik, die bloß ein Kanon der Beurteilung sein solle, als ein Organon zur Hervorbringung objektiver Einsichten angesehen werde. Die Vernunftbegriffe, in denen man eine höhere Kraft und tieferen Inhalt ahnen mußte, haben nichts Konstitutives mehr wie noch die Kategorien; sie sind bloße Ideen; es soll ganz wohl erlaubt sein, sie zu gebrauchen, aber mit diesen intelligiblen Wesen, in denen sich alle Wahrheit ganz aufschließen sollte, soll weiter nichts gemeint sein als Hypothesen, denen eine Wahrheit an und für sich zuzuschreiben eine völlige Willkür und Tollkühnheit sein würde, da sie - in keiner Erfahrung vorkommen können. - Hätte man es je denken sollen, daß die Philosophie den intelligiblen Wesen darum die Wahrheit absprechen würde, weil sie des räumlichen und zeitlichen Stoffes der Sinnlichkeit entbehren?
Es hängt hiermit unmittelbar der Gesichtspunkt zusammen, in Rücksicht auf welchen der Begriff und die Bestimmung der Logik überhaupt zu betrachten ist und der in der Kantischen Philosophie auf die gleiche Weise wie insgemein genommen wird: das Verhältnis nämlich des Begriffs und seiner Wissenschaft zur Wahrheit selbst. Es ist vorhin aus der Kantischen Deduktion der Kategorien angeführt worden, daß nach derselben das Objekt, als in welchem das Mannigfaltige der Anschauung vereinigt ist, nur diese Einheit ist durch die Einheit des Selbstbewußtseins. Die Objektivität des Denkens ist also hier bestimmt ausgesprochen, eine Identität des Begriffs und des Dinges, welche die Wahrheit ist. Auf gleiche Weise wird auch insgemein zugegeben, daß, indem das Denken einen gegebenen Gegenstand sich aneignet, dieser dadurch eine Veränderung erleidet und aus einem sinnlichen zu einem gedachten gemacht werde, daß aber diese Veränderung nicht nur nichts an seiner Wesentlichkeit ändere, sondern daß er vielmehr erst in seinem Begriffe in seiner Wahrheit, in der Unmittelbarkeit, in welcher er gegeben ist, aber nur Erscheinung und Zufälligkeit, daß die Erkenntnis des Gegenstandes, welche ihn begreift, die Erkenntnis desselben, wie er an und für sich ist, und der Begriff seine Objektivität selbst sei. Auf der andern Seite wird aber ebenso wieder behauptet, wir können die Dinge doch nicht erkennen, wie sie an und für sich seien, und die Wahrheit sei für die erkennende Vernunft unzugänglich; jene Wahrheit, welche in der Einheit des Objektes und des Begriffs besteht, sei doch nur Erscheinung, und zwar nun wieder aus dem Grunde, weil der Inhalt nur das Mannigfaltige der Anschauung sei. Es ist hierüber schon daran erinnert worden, daß eben im Begriffe vielmehr diese Mannigfaltigkeit, insofern sie der Anschauung im Gegensatze gegen den Begriff angehört, aufgehoben werde und der Gegenstand durch den Begriff in seine nicht zufällige Wesenheit zurückgeführt sei; diese tritt in die Erscheinung, darum eben ist die Erscheinung nicht bloß ein Wesenloses, sondern Manifestation des Wesens. Die aber ganz frei gewordene Manifestation desselben ist der Begriff. - Diese Sätze, an welche hier erinnert wird, sind darum keine dogmatischen Assertionen, weil sie aus der ganzen Entwicklung des Wesens durch sich selbst hervorgegangene Resultate sind. Der jetzige Standpunkt, auf welchen diese Entwicklung geführt hat, ist, daß die Form des Absoluten, welche höher als Sein und Wesen, der Begriff ist. Indem er nach dieser Seite Sein und Wesen, wozu auch bei anderen Ausgangspunkten Gefühl und Anschauung und Vorstellung gehören und welche als seine vorangehenden Bedingungen erschienen, sich unterworfen und sich als ihren unbedingten Grund erwiesen hat, so ist nun noch die zweite Seite übrig, deren Abhandlung dieses dritte Buch der Logik gewidmet ist, die Darstellung nämlich, wie er die Realität, welche in ihm verschwunden, in und aus sich bildet. Es ist daher allerdings zugegeben worden, daß die Erkenntnis, welche nur bei dem Begriff rein als solchem steht, noch unvollständig ist und nur erst zur abstrakten Wahrheit gekommen ist. Aber ihre Unvollständigkeit liegt nicht darin, daß sie jener vermeintlichen 6/263 Realität, die im Gefühl und Anschauung gegeben sei, entbehre, sondern daß der Begriff noch nicht seine eigene aus ihm selbst erzeugte Realität sich gegeben hat. Darin besteht die gegen und an dem empirischen Stoff und genauer an seinen Kategorien und Reflexionsbestimmungen erwiesene Absolutheit des Begriffes, daß derselbe nicht, wie er außer und vor dem Begriffe erscheint, Wahrheit habe, sondern allein in seiner Idealität oder Identität mit dem Begriffe. Die Herleitung des Reellen aus ihm, wenn man es Herleitung nennen will, besteht zunächst wesentlich darin, daß der Begriff in seiner formellen Abstraktion sich als unvollendet zeigt und durch die in ihm selbst gegründete Dialektik zur Realität so übergeht, daß er sie aus sich erzeugt, aber nicht, daß er zu einer fertigen, ihm gegenüber gefundenen Realität wieder zurückfällt und zu etwas, das sich als das Unwesentliche der Erscheinung kundgetan, seine Zuflucht nimmt, weil er, nachdem er sich um ein Besseres umgesehen, doch dergleichen nicht gefunden habe. - Es wird immer als etwas Verwundernswürdiges ausgezeichnet werden, wie die Kantische Philosophie dasjenige Verhältnis des Denkens zum sinnlichen Dasein, bei dem sie stehenblieb, für ein nur relatives Verhältnis der bloßen Erscheinung erkannte und eine höhere Einheit beider in der Idee überhaupt und z. B. in der Idee eines anschauenden Verstandes sehr wohl anerkannte und aussprach, doch bei jenem relativen Verhältnisse und bei der Behauptung stehengeblieben ist, daß der Begriff schlechthin von der Realität getrennt sei und bleibe, - somit als die Wahrheit dasjenige behauptete, was sie als endliche Erkenntnis aussprach, und das für überschwenglich, unerlaubt und für Gedankendinge erklärt, was sie als Wahrheit erkannte und wovon sie den bestimmten Begriff aufstellte.
Indem es zunächst hier die Logik, nicht die Wissenschaft überhaupt ist, von deren Verhältnisse zur Wahrheit die Rede ist, so muß ferner noch zugegeben werden, daß jene als die formelle Wissenschaft nicht auch diejenige Realität enthalten könne und solle, welche der Inhalt weiterer Teile der Philosophie, der Wissenschaften der Natur und des Geistes, ist. Diese konkreten Wissenschaften treten allerdings zu einer reelleren Form der Idee heraus als die Logik, aber zugleich nicht so, daß sie zu jener Realität sich wieder umwendeten, welche das über seine Erscheinung zur Wissenschaft erhobene Bewußtsein aufgegeben, oder auch zum Gebrauch von Formen, wie die Kategorien und Reflexionsbestimmungen sind, deren Endlichkeit und Unwahrheit sich in der Logik dargestellt hat, wieder zurückkehrten. Vielmehr zeigt die Logik die Erhebung der Idee zu der Stufe, von der aus sie die Schöpferin der Natur wird und zur Form einer konkreten Unmittelbarkeit überschreitet, deren Begriff aber auch diese Gestalt wieder zerbricht, um zu sich selbst, als konkreter Geist, zu werden. Gegen diese konkreten Wissenschaften, welche aber das Logische oder den Begriff zum inneren Bildner haben und behalten, wie sie es zum Vorbildner hatten, ist die Logik selbst allerdings die formelle Wissenschaft, aber die Wissenschaft der absoluten Form, welche in sich Totalität ist und die reine Idee der Wahrheit selbst enthält. Diese absolute Form hat an ihr selbst ihren Inhalt oder Realität; der Begriff, indem er nicht die triviale, leere Identität ist, hat in dem Momente seiner Negativität oder des absoluten Bestimmens die unterschiedenen Bestimmungen; der Inhalt ist überhaupt nichts anderes als solche Bestimmungen der absoluten Form, - der durch sie selbst gesetzte und daher auch ihr angemessene Inhalt. - Diese Form ist darum auch von ganz anderer Natur, als gewöhnlich die logische Form genommen wird. Sie ist schon für sich selbst die Wahrheit, indem dieser Inhalt seiner Form oder diese Realität ihrem Begriffe angemessen ist, und die reine Wahrheit, weil dessen Bestimmungen noch nicht die Form eines absoluten Andersseins oder der absoluten Unmittelbarkeit haben. - Kant, indem er Kritik der reinen Vernunft, S. 83 in Beziehung auf die Logik auf die alte und berühmte Frage, was die Wahrheit sei, zu reden kommt, schenkt fürs erste als etwas Triviales die Namenerklärung, daß sie die Übereinstimmung der Erkenntnis mit ihrem Gegenstande sei, - eine Definition, die von großem, ja von dem höchsten Werte ist. Wenn man sich derselben bei der Grundbehauptung des transzendentalen Idealismus erinnert, daß die Vernunfterkenntnis die Dinge an sich zu erfassen nicht vermögend sei, daß die Realität schlechthin außer dem Begriffe liege, so zeigt sich sogleich, daß eine solche Vernunft, die sich mit ihrem Gegenstande, den Dingen an sich, nicht in Übereinstimmung zu setzen vermag, und die Dinge an sich, die nicht mit dem Vernunftbegriffe, der Begriff, der nicht mit der Realität, eine Realität, die nicht mit dem Begriffe in Übereinstimmung ist, unwahre Vorstellungen sind. Wenn Kant die Idee eines anschauenden Verstandes an jene Definition der Wahrheit gehalten hätte, so würde er diese Idee, welche die geforderte Übereinstimmung ausdrückt, nicht als ein Gedankending, sondern vielmehr als Wahrheit behandelt haben.
"Das, was man zu wissen verlange", gibt Kant ferner an, "sei ein allgemeines und sicheres Kriterium der Wahrheit einer jeden Erkenntnis; es würde ein solches sein, welches von allen Erkenntnissen, ohne Unterschied ihrer Gegenstände, gültig wäre; da man aber bei demselben von allem Inhalt der Erkenntnis (Beziehung auf ihr Objekt) abstrahiert und Wahrheit gerade diesen Inhalt angeht, so würde es ganz unmöglich und ungereimt sein, nach einem Merkmal der Wahrheit dieses Inhalts der Erkenntnisse zu fragen." - Es ist hier die gewöhnliche Vorstellung von der formellen Funktion der Logik sehr bestimmt ausgedrückt, und das angeführte Räsonnement scheint sehr einleuchtend zu sein. Fürs erste aber ist zu bemerken, daß es solchem formellen Räsonnement gewöhnlich so geht, in seinem Reden die Sache zu vergessen, die es zur Grundlage gemacht und von der es spricht. Es würde ungereimt sein, heißt es, nach einem Kriterium der Wahrheit des Inhalts der Erkenntnis zu fragen; - aber nach der Definition macht nicht der Inhalt die Wahrheit aus, sondern die Übereinstimmung desselben mit dem Begriffe. Ein Inhalt, wie von ihm hier gesprochen wird, ohne den Begriff ist ein Begriffloses, somit Wesenloses; nach dem Kriterium der Wahrheit eines solchen kann freilich nicht gefragt werden, aber aus dem entgegengesetzten Grunde, darum nämlich nicht, weil er um seiner Begrifflosigkeit willen nicht die geforderte Übereinstimmung ist, sondern weiter nichts als ein der wahrheitslosen Meinung Angehöriges sein kann. - Lassen wir die Erwähnung des Inhalts beiseite, der hier die Verwirrung verursacht - in welche aber der Formalismus jedesmal verfällt und die ihn das Gegenteil dessen sagen läßt, was er vorbringen will, sooft er sich auf Erläuterung einläßt -, und bleiben bei der abstrakten Ansicht stehen, daß das Logische nur formell sei und von allem Inhalt vielmehr abstrahiere, so haben wir eine einseitige Erkenntnis, welche keinen Gegenstand enthalten soll, eine leere, bestimmungslose Form, die also ebensowenig eine Übereinstimmung - da zur Übereinstimmung wesentlich zwei gehören -, ebensowenig Wahrheit ist. - An der apriorischen Synthesis des Begriffs hatte Kant ein höheres Prinzip, worin die Zweiheit in der Einheit, somit dasjenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefordert wird; aber der sinnliche Stoff, das Mannigfaltige der Anschauung war ihm zu mächtig, um davon weg zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien an und für sich und zu einem spekulativen Philosophieren kommen zu können.
Indem die Logik Wissenschaft der absoluten Form ist, so muß dies Formelle, damit es ein Wahres sei, an ihm selbst einen Inhalt haben, welcher seiner Form gemäß sei, und um so mehr, da das logische Formelle die reine Form, also das logische Wahre die reine Wahrheit selbst sein muß. Dieses Formelle muß daher in sich viel reicher an Bestimmungen und Inhalt sowie auch von unendlich größerer Wirksamkeit auf das Konkrete gedacht werden, als es gewöhnlich genommen wird. Die logischen Gesetze für sich (das ohnehin Heterogene, die angewandte Logik und übrige psychologische und anthropologische Material weggerechnet) werden gewöhnlich außer dem Satze des Widerspruchs auf einige dürftige Sätze, die Umkehrung der Urteile und die Formen der Schlüsse betreffend, beschränkt. Die selbst hierbei vorkommenden Formen sowie weitere Bestimmungen derselben werden nur gleichsam historisch aufgenommen, nicht der Kritik, ob sie an und für sich ein Wahres seien, unterworfen. So gilt z. B. die Form des positiven Urteils für etwas an sich völlig Richtiges, wobei es ganz allein auf den Inhalt ankomme, ob ein solches Urteil wahr sei. Ob diese Form an und für sich eine Form der Wahrheit, ob der Satz, den sie ausspricht, "das Einzelne ist ein Allgemeines", nicht in sich dialektisch sei, an diese Untersuchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu dafür gehalten, daß dies Urteil für sich fähig, Wahrheit zu enthalten, und jener Satz, den jedes positive Urteil ausspricht, ein wahrer sei, obschon unmittelbar erhellt, daß ihm dasjenige fehlt, was die Definition der Wahrheit fordert, nämlich die Übereinstimmung des Begriffs und seines Gegenstandes; das Prädikat, welches hier das Allgemeine ist, als den Begriff, das Subjekt, welches das Einzelne ist, als den Gegenstand genommen, so stimmt das eine mit dem anderen nicht überein. Wenn aber das abstrakte Allgemeine, welches das Prädikat ist, noch nicht einen Begriff ausmacht, als zu welchem allerdings mehr gehört - so wie auch solches Subjekt noch nicht viel weiter als ein grammatisches ist -, wie sollte das Urteil Wahrheit enthalten können, da sein Begriff und Gegenstand nicht übereinstimmen oder ihm der Begriff, wohl auch der Gegenstand gar fehlt? - Dies ist daher vielmehr das Unmögliche und Ungereimte, in dergleichen Formen, wie ein positives Urteil und wie das Urteil überhaupt ist, die Wahrheit fassen zu wollen. So wie die Kantische Philosophie die Kategorien nicht an und für sich betrachtete, sondern sie nur aus dem schiefen Grunde, weil sie subjektive Formen des Selbstbewußtseins seien, für endliche Bestimmungen, die das Wahre zu enthalten unfähig seien, erklärte, so hat sie noch weniger die Formen des Begriffs, welche der Inhalt der gewöhnlichen Logik sind, der Kritik unterworfen; sie hat vielmehr einen Teil derselben, nämlich die Funktionen der Urteile für die Bestimmung der Kategorie aufgenommen und sie als gültige Voraussetzungen gelten lassen. Soll in den logischen Formen auch weiter nichts gesehen werden als formelle Funktionen des Denkens, so wären sie schon darum der Untersuchung, inwiefern sie für sich der Wahrheit entsprechen, würdig. Eine Logik, welche dies nicht leistet, kann höchstens auf den Wert einer naturhistorischen Beschreibung der Erscheinungen des Denkens, wie sie sich vorfinden, Anspruch machen. Es ist ein unendliches Verdienst des Aristoteles, welches uns mit der höchsten Bewunderung für die Stärke dieses Geistes erfüllen muß, diese Beschreibung zuerst unternommen zu haben. Aber es ist nötig, daß weitergegangen und teils der systematische Zusammenhang, teils aber der Wert der Formen erkannt werde.
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